Die imposantesten Geschöpfe, die vor rund 200.000 Jahren in Mitteleuropa lebten, waren riesige Elefanten der Art Elephas antiquus. Mit Schulterhöhen von gut vier Metern waren die Eurasischen Altelefanten – so der eingedeutschte Name – durchschnittlich um ein Drittel größer als heutige Artverwandte. Damit zählen sie zu den größten Rüsseltieren, die jemals auf Erden existierten. Ihr Lebensraum erstreckte sich von Westeuropa bis Ostasien, wobei sie sich sowohl an subtropische als auch gemäßigte Temperaturen anpassten. Offenbar wuchs ihnen in kühlen Klimaphasen ein dünnes Fell. Zu Beginn der Weichsel-Eiszeit, vor rund 100.000 Jahren, verschwand die Art aus Mitteleuropa. In einigen wenigen Gegenden überlebte Elephas antiquus bis ca. 40.000 Jahre vor heute.
In Neumark-Nord fand man die Überreste von mindestens 70
Exemplaren unterschiedlichen Alters und Geschlechts, darunter zehn fast vollständige Skelette. Damit kommt diesen Gebeinen weltweit die Schlüsselstellung bei der Erforschung dieser Kolosse zu. Schon die Fundlage am See offenbart ein ähnliches Verhalten von Altelefant und heutigen Vettern. Das Brackwasser diente weniger als Tränke – frisches Flusswasser gab es in der Nähe – , sondern als Salzlecke und zur Entspannung beim Planschen, Spielen, Abkühlen und Schmerzlindern.
Abb. 21:
Aus den Knochen verschiedener eurasischer Altelefanten zusammengestelltes Skelett aus Neumark-Nord,
LDA Sachsen-Anhalt, Juraj Liptak
Anhaltspunkte
zur Rekonstruktion
Die bislang bekannten Überreste Eurasischer Altelefanten verhalfen nur zu ungenügenden Rekonstruktionen. Die Skelette von Neumark-Nord eröffnen uns einen enormen Wissenszuwachs. Die breite Datenbasis über Knochenaufbau, Muskelmarken und über weitere Merkmale erlaubt nun ein verlässliches Lebensbild. So spiegelt sich die genetisch bereits fassbare verwandtschaftliche Nähe der Altelefanten zum heutigen Indischen Elefanten Elephas maximus auch im ähnlichen Aussehen wider.
An den Ufern des einstigen Geiseltal-Sees wurden weit über 40 Stoßzähne gefunden, der längste von ihnen misst 2,23 cm. Die meisten lagen vereinzelt, einige jedoch auch im Skelettverband. Eurasische Altelefanten besaßen augenscheinlich gewaltige Stoßzähne, die weit über vier Meter lang werden konnten. In Neumark-Nord sind möglicherweise zwei geschlechtsbedingte Varianten zu unterscheiden: einerseits weit ausladende, s-förmig eingebogene „Elfenbeinsensen“ männlicher Tiere und andererseits grazilere, leicht gekrümmte „Elfenbeinsäbel“ weiblicher Exemplare. Die Spannweite des Stoßzahnpaares eines Bullen maß rund drei Meter – ein unerreichter Rekord in der Geschichte der Rüsseltiere.
FUNDORT PFÄNNERHALL
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