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Der Mensch

Selten sind die Spuren der Aneignung von Landschaft in Deutschland so anschaulich und spektakulär wie zwischen dem einundfünfzigsten und zweiundfünfzigsten Breitenkreis. Hier versanken im Erdzeitalter des Tertiär die Sumpf- und Trockenwälder; 50 Millionen Jahre darauf entdeckt der Mensch den Wert des dunkelbraunen fossilen Naturstoffes, er nennt ihn Braunkohle. Sie hilft ihm, klimatische Unbilden zu überstehen, sie ist ihm Äquivalent für andere Lebensmittel, sie ist ihm ein Schlüssel zu Dampfmaschinen- und Stahlzeit.

Die Bergung des als Kohle transformierten Stoffes schrieb als Produktivkraftentwicklung Geschichte. Diese Technik- und Technologiegeschichtlichkeit hat sich unter anderem in Grubenbagger, Schrämbagger, Uihlein-Absetzer, Kastenkipper, Schlitzschurrenabbau, Grubenlock und auch in Industriearchitektur manifestiert. Dass die Erde dem Menschen zu dienen hätte, erscheint ihm selbstverständlich.

Der Einheimische stammt möglicherweise aus Möckerling – einem der abgerissenen Dörfer -, wurde nach Mücheln umquartiert und in einem Plattenbau energieintensiv verwöhnt. Er spielte am Fuße der Halde Klobikau (auf deren Krone durfte er nicht, dort war eine sowjetische Einheit stationieret); erwarb sich seine Mittel zum Leben in der Brikettfabrik Braunsbedra. Er grub sich den Boden unter den Füßen weg und erlebte die Transformation des Rohstoffes Kohle nicht nur in den eigenen Wänden: Die Schlote von Leuna und Buna waren gut zu erkennen.


Mensch Foto 1 und 2

"Kein Bächlein mehr, das verträumt durch üppige Wiesen plätschert, umsäumt von grünenden Weidenbäumen, der Tummelplatz fröhlicher Kinder. Und die grünen Wiesen, die lichten Gehölze, die reichen Früchte tragenden Plantagen, die die wie an einer Kette aufgereihten Dörfchen verbindende, mit Obstbäumen gesäumte Landstraße, all dies ist nicht mehr. An den Stellen, wo einst die Dörfer standen, gähnen tiefe, langgedehnte Gruben, bereit, die kostbare Kohle freizugeben, poltern Bagger und pfeifen gellend die Lokomotiven der Abraum- und Kohlenzüge, Tausende von Lichtern erhellen nachts das Gelände und das Dröhnen und Brausen ebbt auch dann nicht ab."
Symphonie der Arbeit – Symphonie des Geiseltales!
Scheil/Zwarg, Sterbende Dörfer im Geiseltal (1957)

Mit dem Eintritt in die Siliziumzeit – der dritten industriellen Revolution – ist die Braunkohle weitgehend verbraucht. Und zugleich hat sich die Beziehung zur Erde verändert. Das Thema lautet jetzt: Rekultivierung devastierter Flächen. Die Bewältigung folgt einer natürlichen Logik. Gruben laufen voll Wasser; es bilden sich Seen. Böschungen werden durch Naturkräfte bizarr und sanft zugleich. Die Menschen haben Vorstellungen von den Dingen, ihre Forderungen sind zeitorientiert. Der Stand des Wassers wird reguliert, die Böschungen modelliert und durch Bepflanzung befestigt, Wanderwege angelegt, Häfen gebaut. 

"Die Seenplatte im Geiseltal wird für die späteren Geschlechter eine Oase im mitteldeutschen Industriebezirk werden. Man kann sich jetzt schon vorstellen, dass jene Seengegend nicht nur von Querfurt und Merseburg, sondern auch aus weiter entfernten Großstädten als Wochenendziel gewählt wird. Ein fröhliches Badeleben mit allem Drum und Dran, Strandbad und so weiter wird dort, wo heute noch die schwarzen Diamanten geschürft werden, entstehen."
Querfurter Tageblatt, 22.12.1928

Dass die Erde neben dem fossilen Verbrauchsgut im Geiseltal noch mehr zu bieten hat ist ein seltener Glücksfall. Wissenschaftler entdeckten archaische Insekten und Gliederfüßer, Lurche und Frösche, Kriechtiere, Vögel, Säugetiere. Die Spur führt in den Sumpf des Mitteleozäns, also ungefähr 40 Millionen Jahre, zurück. Die Entwicklungs- und Konservierungsbedingungen in dieser Vorzeit verliehen dem Territorium die erdgeschichtliche Bedeutung, die mit der Bezeichnung „Geiseltalium“ festgeschrieben ist. Auch Jahrmillionen später ist das Geiseltal Grab für Tiere, deren Reste wir heute finden. Und wir finden Spuren des frühen Menschen.
Davon erzählt diese Ausstellung.